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Berlinalereport – Systemsprenger

Weniger als eine Minute Minuten Lesezeit

Sprache: Englisch

Info


Kinostart in Deutschland war am 19. September 2019.
Dieser Film hat Silbernen Bären des Alfred-Bauer-Preis gewonnen.

Titel: Systemsprenger | System Crusher

Über den Film:

Wenn Kinder nicht einfach so funktionieren, wie es unsere Gesellschaft sich wünscht, dann verpasst man ihnen schnell den Titel „Verhaltensauffällig“ und genau dieses durchaus komplexe Thema möchte die Regisseurin Nora Fingscheid in Ihrem Erstlingsfilm „Systemsprenger“ behandeln. Die neun Jährige Bernadette (Helena Zengel), die sich selbst lieber Benni nennt, sprengt mit Ihrem Verhalten jegliches System und fährt dabei sämtliche Geschütze auf die man von einem so jungen Kind wohl eher nicht erwarten würde. Sie provoziert, prügelt sich, spuckt, schreit, bricht konsequent Regeln, hat zerstörerische Wutausbrüche und dabei spielt es absolut keine Rolle, wie alt ihr Gegenüber ist. Durch ihr Verhalten wandert sie durch verschiedene Sonderschulen, Wohngruppen, Pflegefamilie und auch in die Kinderpsychatrie, doch nirgends bleibt sie lange und fast jeder der erwachsenen Betreuer ist überfordert mit Benni. Kehrt Benni an einen Ort zurück, wo sie bereits einmal war, stößt dies meist auf deutliche Ablehnung der Betreuer. Dementsprechend klein fällt somit der Kreis der Erwachsenen aus, denen sich Benni einigermaßen anvertraut. Das was Benni jedoch sucht ist nichts weiter als Geborgenheit und Liebe, die sie von ihrer Mutter nicht bekommt, da auch diese mit ihrem ältesten Kind völlig überfordert ist. Sie feuert das Problem sogar noch weiter an, indem sie Benni immer wieder Versprechungen macht, welche sie meist nicht einhält. Des weiteren hat Benni zu Hause auch traumatische Erlebnisse in Form von Gewalt erlebt. Von dieser Gewalt wird Benni meist in ihren Träumen heimgesucht aber auch im normalen Alltag. So verliert sie ihre komplette Kontrolle, wenn ihr jemand ins Gesicht fässt.

© Peter Hartwig / kineo / Weydemann Bros. / Yunus Roy Imer | Des öfteren wirkt Benni verloren zwischen allen anderen Menschen

Frau Bafané (Gabriela Maria Schmeide), eine Dame vom Jugendamt, zeigt sich sehr engagiert und herzlich gegenüber der jungen Benni und will ihr ein stabiles Zuhause geben. Dafür setzt sie viele Hebel in Bewegung, darunter mit einem Anti-Gewalt-Trainer für straffällige Jugendliche. Micha (Albecht Schuch) soll nun als Schulbegleiter mit in den Unterricht gehen. Als er es schafft Benni für einen Schulbesuch zu gewinnen, wird ihm relativ schnell klar mit was für einem Kind er es hier zu tun hat, denn es dauert nur wenige Minuten bis sie ein anderes Kind im Unterricht stark verletzt. Damit ist Benni unter den Fachkräften schnell wieder Thema und man würde sie am liebsten in einer normalen Psychatrie unterbringen. Ein Schritt der für Micha zu weit geht. Er schlägt vor, Benni für drei Wochen im Rahmen einer Erlebnispädagogik mit in eine Hütte im Wald zu nehmen wo es weder Strom noch Internet gibt. An diesem Ort scheint sich Benni etwas zu beruhigen und sie öffnet sich auch Micha gegenüber. Dadurch das die beiden unter sich sind, entdeckt Benni in Micha zunehmend eine art Vaterfigur, bei dem sie auch Geborgenheit spüren kann, doch damit sieht sich Micha im wachsenden Konflikt mit seiner Professionalität hinsichtlich der schwindenden Distanz. Die Sorge um die Zukunft des Kindes steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben so das auch er, ähnlich wie Frau Bafané, das Kind nicht einfach allein im Regen stehen lassen kann. 

© Peter Hartwig / kineo / Weydemann Bros. / Yunus Roy Imer | Immer wieder zeigt der Film kurze Traumsequenzen, welche ruhig und positiv oder hektisch negativ inszeniert sind.

Fazit:

Nora Fingscheid hat mit ihrer fiktiven Geschichte eine emotionale Achterbahn kreiert mit vielen Höhen und Tiefen im Leben von Benni. Wenn wir Benni in den ersten Momenten des Films sehen, dürften sich viele Zuschauer sicherlich dabei ertappen wie sie denken… „Bitte nicht so ein Kind“. Doch im Verlauf des Films dürfte sich diese Einstellung ändern, wenn die genaueren Hintergründe klarer werden und man auch die vielen positiven Seiten von Benni zu sehen bekommt. Der Film zeigt auf, dass selbst die kompliziertesten Kinder meist einen tief verwurzelten Grund haben können, warum sie sich so auffällig verhalten. Auch wird gezeigt, wie schwer und manchmal auch Hilflos sich selbst die geschulten Fachkräfte fühlen, obwohl sie immer wieder bemüht sind darüber hinweg zu sehen, welches Chaos ein Kind hinterlassen kann. Der Film lädt zum nachdenken ein, lässt aber auch vieles offen am Ende. Doch das ist auch gut so, denn als Kind beginnt unser Leben erst. Was später kommt, das wissen wir zum aktuellen Zeitptunkt nie. 

Darsteller:
Helena Zengel (Benni)
Albrecht Schuch (Michael Heller)
Gabriela Maria Schmeide (Frau Bafané)
Lisa Hagmeister (Bianca Klaaß)
Melanie Straub (Dr. Schönemann)
Victoria Trauttmansdorff (Silvia)
Maryam Zaree (Elli Heller)
Tedros Teclebrhan (Robert)

Regie:
Nora Fingscheidt

Infos zum Film inkl. kurzen Filmausschnitt und Spielzeiten:

https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.html?film_id=201913679

Trailer:

Bilder aus dem Q&A im Berlinale Palast:

2 Comments

  1. Lewis
    9. Februar 2019 @ 2:00

    Toller Startfilm, Passt ja Haargenau ;-)
    Da ich den Film sowieso nie sehen werde: wie geht er denn aus?
    Gibt es ein Happyend für Benni (ist das ein Name Richtung Transgender?) und Micha?

    Reply

    • Robin
      9. Februar 2019 @ 2:05

      Bei einem neuen Film zu verraten, wie er ausgeht, das wäre wohl nicht ganz fair.
      Bezüglich dem Namen Benni… Im Film erklärt es sich so, dass sie den Namen Bernadette nicht haben möchte. Darum wird sie von allen Benni genannt.

      Reply

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