Über den Film:
Anders zu sein als die meisten es sind, kein einfaches Unterfangen in unserer Gesellschaft und erst recht nicht, wenn man im Alter eines Jugendlichen ist. Mylia (Émilie Bierre) lebt gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Camille (Irlande Côté) und ihren Eltern in einem etwas abgelegenen Haus bzw. einen kleinen Hof. Die Beziehung ihre Eltern steht unter keinem guten Stern und Mylia wird immer wieder darum gebeten sich um ihre kleine Schwester zu kümmern, was sie zum einen in ihren Freiheiten etwas einschränkt und zum anderen will man als Teenager manchmal einfach nur seine Ruhe haben und andere Dinge erleben ohne Eltern und ohne ständig Babysitter zu spielen. Doch auch wenn sie gelegentlich sichtbar genervt ist von Camille, versucht sie für ihre Schwester immer da zu sein, jedenfalls wenn sie zu Hause sind und es niemand anderes mitbekommt. Camille ist hingegen noch voll in ihrer kindlichen Welt. Sie stapft durch die Natur, spricht mit den Tieren und wartet jeden Abend auf ihre große Schwester im Bett. Als Camille auf dem Hof bei ihrer Heimkehr auf dem Boden ein totes Huhn entdeckt, welches umringt ist von anderen Hühnern, bricht für Camille natürlich eine kleine Welt zusammen. Beim Versuch das Tier in den nächst gelegenen Ort zu bringen, wo ihre Schwester in einem kleinen Laden aushilft, wird ihr Plan von einem Hund durchkreuzt, der versucht das tote Huhn an sich zu reißen, während Camille tränen überströmt das tote Tier festhält. Mylia kriegt von all dem erst mit, als andere Kinder aufgeregt eine kleine Gasse hochlaufen. Als sie ihnen folgt, sieht sie das Problem, hält sich jedoch fern und wirkt beschämt über das verhalten ihrer Schwester. Erst als Jimmy (Jacob Whiteduck-Lavoie), ein Junge aus dem umliegenden Abenaki-Reservat auftaucht und den Hund beruhigt, wird die Situation entschärft. Wieder zu Hause angekommen, hat Camille eine kleine Dankeskarte an Jimmy gemalt und die möchte sie nun gerne zu ihm bringen. Auf die klare Bitte der Mutter muss Camille mit ihr zu Jimmy gehen und während sie den Brief überreicht, beobachtet Mylia das ganze aus gesunder Distanz.
Am nächsten Tag beginnt für Mylia der erste Tag an der Oberstufe, zu der sie immer per Schulbus reisen muss. Beim Blick in die Klasse, wo sich bereits einige Gruppen gebildet haben die in Gespräche vertieft sind, viel ihr Blick auf einen freien Stuhl neben Jimmy. Nach etwas zögern setzt sie sich zu ihm und stellt im Verlauf des Unterrichts fest, dass auch Jimmy anders ist als die meisten. Insbesondere fällt ihr ein Buch auf, indem Jimmy Zeitungsausschnitte zu einer bunten Collage zusammen geklebt hat. Ein Umstand den andere Jungs der Klasse schnell als „Freak“ deklarieren. Doch nicht nur über Jimmy wird hinter seinem Rücken geredet, auch Mylia ist offensichtlich ein interessantes Ziel für eine Mädchengruppe, deren Themen sich weitestgehend um die richtige Kleidung, schminken, Partys und natürlich Jungs drehen. Da Mylias Cousine teil der Mädchengruppe ist, landet auch Mylia immer wieder in deren Kreis und durchlebt verschiedene Momente mit ganz unterschiedlichen Eindrücken. Die meisten davon stoßen bei ihr aber eher auf Abneigung und das sorgt natürlich unweigerlich für Gelächter in der Gruppe. So sehr sie es auch versucht der Gruppe mit anzugehören, befindet sie sich aber immer wieder in einem Gewissenskampf ob sie dafür wirklich ihre eigene Persönlichkeit und ihren Lebensstil über Bord werfen soll, oder ob sie lieber so bleibt wie sie ist und sich selbst aussucht, was sie am liebsten macht und vor allem mit wem.
Fazit:
Die Grundlage der Geschichte bietet eigentlich reichlich Stoff um einen rund zweistündigen Spielfilm zu füllen, doch leider schwächelt Une colonie gegen Mitte des Films und die Spannungskurve fällt massiv ab, weil er sich eine gefühlte Ewigkeit immer mehr in die Länge zieht, ohne das viel passiert. Erst am Ende nimmt das ganze dann aber wieder etwas fahrt auf und findet einen guten Abschluss. Wenn man allerdings den Film dann noch einmal revue passieren lässt, dann fallen einen durchaus interessante Details auf. So wird in einer Szene davon erzählt, das es Menschen gibt die bei Ausmalbildern immer innerhalb der Linie bleiben oder über die Linie malen und man daran auch ein Stück Charakter erkennen kann. Später sehen wir Mylia auf einer Schulparty in einer Sporthalle. Auf dem Boden ist der typische Kreis von einem Spielfeld markiert, in welchem sie sich mit vielen anderen befindet die in der Masse tanzen. Die Kamera schwenkt Richtung Boden zu ihren Füßen, die langsam den Kreis verlassen und sie bewegt sich Richtung Jimmy, der sich auch außerhalb vom Kreis befindet. Dann gab es noch die oben im Text geschilderte Szene mit dem Huhn, welches Camille aufgefunden hat zwischen lauter anderen Hühnern die es tot gepickt haben. Später im Film wird hier erklärt, dass es bei Hühnern durchaus vorkommt das sie ein schwächeres Tier aussuchen und es sprichwörtlich malträtieren, also ein ähnliches Verhalten wie man es auch von uns Menschen wiederfinden kann und auch im Film zu sehen bekommt. Und im Q&A nach dem Film erfuhren wir auch noch, das die Form des Kreises in der Kultur der Abenaki eine größere Bedeutung hat. Auf den Kreis stößt man auch im Film immer wieder an ganz verschiedenen Stellen.
Darsteller:
Émilie Bierre (Mylia)
Jacob Whiteduck-Lavoie (Jimmy)
Irlande Côté (Camille)
Cassandra Gosselin Pelletier (Jacinthe)
Noémie Godin-Vigneau (Nathalie)
Robin Aubert (Henri)
Regie:
Geneviève Dulude-De Celles
Infos zum Film inkl. kurzen Filmausschnitt (leider keine weiteren Spielzeiten während der Berlinale):
https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.html?film_id=201910539
Bilder aus dem Q&A im Cinemaxx:
Trailer: