Titel: Juunt Pastaza entsari | Waters of Pastaza | Die Kinder vom Río Pastaza
Wenn wir auf der Suche nach exotischen Früchten sind, gehen wir in den Supermarkt, greifen beispielsweise in eine Kiste mit Bananen und bezahlen es an der Kasse. Wenn unsere Kinder mit Spielzeug agieren, dann wohl meist mit jeder Menge buntem Plastik.
Völlig anders sieht da die Welt im Regenwald aus, um genau zu sein am Rio Pastaza, ein 600 Kilometer langer Fluss der sich an der Grenze zu Ecuador und Peru befindet. Die Kamera begleitet die Kinder aus einem indigenen Volk der Achuar. Statt über Seile in einem Kletterwald zu klettern werden hier die Baumkronen erklommen um an Bananenstauden zu kommen, statt einem Laserschwert wird gekonnt die Machete geschwungen um harte Schalen des einen oder Obst zu entfernen, um an das süße innere zu gelangen.
Befreit von jeglichem Zeitstress wandern verschiedene Kinder gemeinsam durch den Regenwald, meist sogar Barfuß über den verwilderten Boden oder durch seichte Gewässer, wo man als westlicher Stadtmensch wohl die ganze Zeit nur darauf wartet das gleich irgendein giftiges Tier zuschlägt oder das einem Kind irgendwas im Fuß stecken bleibt was operativ entfernt werden muss.
Doch was hier begleitet wird, ist der ganz normale Alltag dieser Kinder und der Regenwald ist eben ihr Spielplatz. Aus den verschiedenen Naturmaterialien die der Wald hergibt, werden die verschiedensten Spielzeuge gebastelt wie z.B. ein Windrad aus zwei getrockneten Blättern die auf einem Stock aufgestochen wurden oder aus Palmenblättern wird ein neues Kleid gestaltet uvm.
Doch nicht nur das spielen steht auf dem Programm. Im Dorf gibt es ein großes Gemeinschaftshaus (gebaut aus Naturmaterialien) und hier kochen sich die Kinder am Abend unter beinahe freiem Himmel eine Fischsuppe aus all den Fischen, den sie im laufe des Tages aus dem Fluss geangelt haben oder es gibt in (vermutlich) Bananenblätter eingewickelten Fisch mit etwas Reis. Selbst die jüngsten packen hier schon mit an, heben zum Beispiel die heißen schweren Töpfe vom offenen Feuer (während wir es hierzulande Kindern nicht einmal mehr zutrauen zu Sankt Martin mit einem Teelicht in der Laterne zu laufen!). Begleitet werden die Arbeiten dann gerne mal ganz modern mit Musik aus dem Smartphone, dessen Strom ein paar Solarpanele liefern. Natürlich wird auch mal das eine oder andere Spiel am Handy gespielt oder gemeinsam Fernseh geschaut auf dem kleinen Gerät, während im Hintergrund lautstark die Geräusche der Tiere des Regenwaldes ein Dauerkonzert liefern oder mal wieder eine Vogelspinne vorbeischaut.
Fazit:
Juunt Pastaza entsari wurde, so die Regisseurin, mit einfachsten Mitteln gedreht. Sie hat es sogar von den Kindern gelernt, wie sie erzählt. Doch am Ende spielt das eigentlich keine Rolle, denn der Film ist eigentlich genau das was die Berlinale immer wieder zu etwas sehr besonderen macht. Wir bekommen die Chance Einblicke in Kulturen zu bekommen, die für uns oftmals unerreichbar sind oder eben absolut unbekannt.
Bei diesem Film ist beinahe befreiend all diese ruhigen und schlichten Momente zu sehen im Vergleich zu so einem hektischen Leben wie wir es als westliche Gesellschaft kennen und leben. Ein Leben jenseits von Social Media, Konsumrausch und Druck (um nur ein paar Dinge zu nennen). Beeindruckend ist vor allem, wie entspannt die Kinder alles allein bewältigen bis hin zur eigenen Versorgung, immer in Gemeinschaft und ohne viele Worte. Auf die Präsenz von Erwachsenen hat der Film bei allem aber auch ganz bewusst verzichtet. Sie spielen wenn dann überhaupt nur eine ganz kleine Nebenrolle. Die Kinder leben ihr ganz eigenes Leben und haben sichtlich Freude daran, ganz ohne Paw Patrol oder Elsa… Wobei… T-Shirts mit Elsa trugen sie dann doch. Ob sie sich deren Bedeutung hingegen bewusst sind, das steht auf einem ganz anderen Bananenblatt.
Regie:
Inês T. Alves
Mehr über den Film:
https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202204409
Trailer: