Titel: An Cailín Ciúin | The Quiet Girl | Das stille Mädchen
Die 11 Jährige Cáit (Catherine Clinch) lebt gemeinsam mit ihren 4 Geschwistern in ärmeren Verhältnissen. Die Mutter ist hochschwanger und schafft es gerade so das nötigste vom Haushalt am laufen zu halten und ihr Vater zieht sich oftmals zurück, gönnt sich gern noch ein Bierchen in einer Bar und wenn er zuhause ist, lässt er eher nur abfällige Anmerkungen ggü. seinen Kindern über seine Lippen wandern. Es ist kaum verwunderlich, dass sich Cáit sehr stillschweigend in ihre eigene Welt zurückzieht und sich nach mehr Ruhe sehnt. In der Schule tut sie sich auch entsprechend schwer und wird von anderen Schülern als äußerst merkwürdig deklariert.
Eines Abends belauscht Cáit ihre Eltern und bekommt mit, das ihr Vater sie gerne woanders unterbringen möchte. Kurz darauf liest dann ihre Mutter einen handgeschriebenen Brief und so kommt Cáit ohne weitere Informationen oder einen nennenswerten Verabschiedung seitens der Familie zur Cousine der Mutter gebracht. Ihr Vater, der sie mit dem Auto hingebracht hat, steigt aus dem Auto aus und versucht mit dem Mann einen eher aufgesetzten Dialog über das aktuelle heiße Wetter zu führen, während seine Tochter weiter im Auto verweilt ohne das er ihr einen einzigen Blick würdigt.
Es vergehen ein paar Minuten, bis die besagte Cousine (Eibhlín) am Auto auftaucht und Cáit ihre Hand reicht. Zum ersten mal, so scheint es, begibt sich jemand auf ihre Augenhöhe und spendet ihr Aufmerksamkeit. Sichtlich verunsichert steigt sie aus dem Auto aus und wird von Eibhlín von unten bis oben gemustert, doch bleibt sie dabei sehr behutsam und freundlich gegenüber dem Kind. Sie erzählt ihr das sie Cáit das letzte mal gesehen hat, als sie noch im Kinderwagen saß.
Ihr Vater hat hingegen kein einziges gutes Wort zu verlieren, erzählt das dieses Kind ihnen die Haare vom Kopf fressen wird und letztlich verlässt er den Hof weitestgehend wortlos und ohne einer liebevollen Verabschiedung, wie man sie wohl sonst von Eltern erwarten würde. In den nächsten Tagen erlebt Cáit dann ein völlig anderes Leben. Sie wird gepflegt, bekommt saubere Wäsche, es wird auf ihre Bedürfnisse eingegangen und ihre Missgeschicke werden, anders als sie es jedesmal erwartet, nie zum Vorwurf gemacht. Eibhlín spendet ihr viel Liebe wohingegen ihr Mann Seán jedoch eher distanziert agiert und mit dem Kind offensichtlich lieber nichts zu tun haben möchte. Irgendwas scheint ihn aber zu beschäftigen, wenn er das Mädchen sieht. Letztlich bricht auch bei ihm langsam das Eis und so hinterlässt er eines Tages einen kleinen Keks auf dem Tisch, den sich Cáit sogleich in die Tasche steckt. Von nun an beginnt Cáit förmlich aufzublühen. Immer häufiger sieht man nun ein Lächeln in ihrem Gesicht.
Auch erlebt sie zum ersten mal, das man sich um seine Mitmenschen kümmern kann. Aus dem Ort ist jemand verstorben und Eibhlín hat sich darauf sofort auf den Weg gemacht, um zu helfen. Wenige Tage später gehen alle drei zu einem Totenschmaus, um den verstorbenen zu verabschieden. Da sich die Veranstaltung sehr in die länge zieht und Cáit sichtbar müde wird, nimmt Eibhlín das Angebot einer Freundin an die das Kind schonmal zu sich nach hause nimmt zu ihren zwei Kindern. Auf dem Weg dorthin haben die beiden genug Zeit zum reden und die Frau nutzt diese Zeit um das Mädchen komplett auszufragen über Eibhlín und auf einmal fällt die Frage, in welchem Zimmer Cáit schläft und ob da immer noch Kleidungsstücke eines Jungen im Schrank hängen würden. Cáit ist sichtlich verwirrt, was die Frau natürlich bemerkt und so berichtet sie von einem Vorfall von dem das Ehepaar nur sehr ungerne spricht. Cáit wird klar, das auch in den besten Familien Schicksale existieren können, mit denen man irgendwie klar kommen muss. Cáit‘s Schicksal ist es, dass ihre Zeit bei den Pflegeeltern eines Tages auch irgendwann wieder zu Ende sein wird…
Fazit:
An Cailín Ciúin ist ein sehr emotionaler und starker Film aus Irland und übrigens der allerste Film aus diesem Land, der je auf der Berlinale gelaufen ist, da in Irland nur sehr wenig Filme produziert werden.
Er zeigt besonders feinfühlig wie bereits kleine Gesten des Alltags zum großen Glück ausreichen können. Alles was man zu sehen bekommen, fühlt man bei diesem Film sehr stark mit und das vom Anfang bis zum Ende.
Besonders beeindruckt haben mich auch all die vielen kleinen Details über den gesamten Film. Immer wieder fängt die Kamera diese kleinen Momente in vorzugsweise Nahaufnahme ein, meist untermalt von einem wunderbaren sanften Soundtrack, so das man immer tiefer im Kinosessel versinkt. In einer Scene, als Cáit zum ersten mal durch das Haus geht, fühlte ich mich an Alice im Wunderland erinnert. Das Kind erkundet eine völlig neue und fremde Welt in der es nun in aller Ruhe zu sich selbst finden kann, um im wahren Leben weitermachen zu können.
Auch wenn An Cailín Ciúin ein eher stiller Film ist, so wird am Ende im übertragenen Sinne doch vom Gefühl her sehr laut.
Darsteller:
Catherine Clinch (Cáit)
Carrie Crowley (Eibhlín)
Andrew Bennett (Seán)
Michael Patric (Da)
Kate Nic Chonaonaigh (Mam)
Joan Sheehy (Úna)
Regie:
Colm Bairéad
Infos zum Film:
https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202204521
Trailer