Titel: Una escuela en Cerro Hueso | A school in Cerro Hueso | Eine Schule in Cerro Hueso von Betania Cappato
Während ihre Mutter ein paar leblose Fische nach Größe sortiert in einer silbernen Schale drapiert hat und diese mit gewisser akribik untersucht, schiebt sich Ema (Ihre Tochter) still vor sie. Die Mutter untersucht weiter, bewegt Ema vorsichtig und mit bedachter Bewegung wieder zur Seite und Ema widmet sich ihrem kleinen Pferd aus Plastik, das sie über eine zugeteilte Fläche am Tisch reiten lässt.
Als es mit dem Auto nach hause geht, hört man aus dem Radio einen wissenschaftlichen Bericht über die aktuellen Veränderungen in der Natur und die Population der Fische. Ema sitzt auf der Rückbank, schaut still in die Gegend.
Wir sehen beide Eltern zusammen mit Ema bei einem Vorstellungsgespräch in einer Schule. Die Schulleiterin erklärt sehr freundlich, das sie eine sehr kleine Schule sind und sie jede Unterstützung im Schulalltag willkommen heißen. Jeder der Lehrer/innen ist mit viel Herzblut dabei. Doch die wohl wichtigste Frage ist, warum beide Eltern ihre Ema eigentlich in dieser abgelegenen Dorfschule in Cerro Hueso haben möchten, wenn Sie doch ursprünglich in der Stadt gelebt haben. Die Blicke der Eltern werden etwas ernster und sie offenbaren, das diese Schule, nach 17 anderen Versuchen die einzige war, die bereit war Ema auf zu nehmen. Sie haben bei sehr vielen Schulen angefragt, aber alle haben abgelehnt.
Ema ist ein bisschen anders, das ist spätestens jetzt klar. Bei ihr wurde eine Autismus Spektrum Störung (kurz ASS) diagnostiziert, wobei dieses Wort im Film nicht fällt bis kurz vor dem Abspann. Ihre Eltern möchten ihrer Tochter natürlich eine gute und sichere Umgebung bieten, in der sie aufwachsen und lernen kann. Die Schule scheint ein Glückstreffer zu sein und nachdem die Schulleitung die Zusage für Ema gegeben hat, steht die Erleichterung ins Gesicht beider Eltern geschrieben.
Für Ema beginnt schließlich der Alltag in der Schule. Anfangs noch oft begleitet von den Eltern, dann immer mehr im Alleingang. Gemeinsam mit ihren Mitschülern sitzt sie still beim essen, holt auch hier immer mal wieder ihr Spielzeugpferd raus, welches sie über den Tisch laufen lässt oder sie steht einfach auf und läuft hinter den Vorhängen durch. Ihre Klassenkameraden begleiten sie gerne, vor allem wenn Ema die selbst gestalteten Dinge befühlen will, die im Klassenraum hängen. Besonders Irene, die Enkelin der Hausmeisterin der Schule, entdeckt ein großes Interesse an Ema und es entsteht eine wichtige Freundschaft zwischen den beiden.
Auch ihre Eltern finden sich mit der neuen Situation gut zurecht. Der Vater engagiert sich im Dorf und möchte ein Gemeinschaftsfeld bewirtschaften für eine unabhängigere Selbstversorgung und der Mutter sieht man immer wieder die Erleichterung an, dass Ema offensichtlich einen sicheren Hafen gefunden hat. Auch können sie Ema nun einen großen Traum erfüllen… Ein eigenes Pferd das, wie sich später herausstellt, auch trächtig ist. Dies ist für die Familie wie ein Symbol der Hoffnung auf eine schöne Zukunft und dieser Wunsch wird auch erfüllt.
Fazit:
Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte ist eine gern verwendete Redewendung und sie trifft auch auf diesen Film zu. Er ist in Grunde so still wie Ema selbst und doch ist es ein klarer Einblick in die Welt von Kindern mit besagter Autismus Spektrum Störung. Diese Kinder leben häufig ein Schattendasein in unserer Gesellschaft und sie stoßen tendenziell eher auf Ablehnung, wenn es um die Betreuung geht, wobei ich dies nicht verurteilen möchte, denn der Umgang mit solchen Kindern erfordert viel Geduld und die kann nicht jeder aufbringen. Bei „Una escuela en Cerro Hueso“ ist es gut gelaufen und im Abspann erfährt man, das die Schule nach Ema’s Abschluss einen immer besseren Ruf gewann und die Anfragen zur Betreuung von Kindern mit ASS anstieg.
Was mich Filmtechnisch noch am Ende noch interessiert hat war, ob die Hauptdarstellerin auch ASS hatte oder ob dies nur gespielt war. Zu meiner Überraschung handelte es sich um eine reine schauspielerische Leistung des Kindes und der Film ist auch mehr als eine art Dokumentation zu sehen.
Darsteller:
Clementina Folmer (Ema)
Mara Bestelli (Julia)
Pablo Seijo (Antonio)
Irene Zequin (Irene)
Ariel Núñez (Tanzpartner)
Mónica Núñez (Sonia)
Carla Rucitti (Schulleiterin)
Viviana Taus (Lehrerin)
Regie:
Betania Cappato
Infos zum Film:
https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202106142