Titel: Die Saat | The Seed von Mia Maariel Meyer
Rainer (Hanno Koffler) arbeitet seit vielen Jahren in einem Baubetrieb der sich im Familienbesitz befindet, den der Sohn (Kleemann, gespielt von Andreas Döhler) nun nach dem Ableben des Vaters leitet. Beim aktuellen Bauprojekt ist er zum ersten mal als Bauleiter tätig doch es bahnen sich bereits zu Beginn die ersten Konflikte. Materiallieferungen sind mangelhaft, das Projekt dauert zu lange und die Investoren werden zunehmend ungeduldig. Rainer zeigt sich aber von jedem Tag aufs neue sehr entspannt. Er sichert Kleemann zu, dass er das alles schaffen wird und man absolut im Zeitplan bleiben wird. Die Basis dafür sind vor allem auch die Mitarbeiter auf der Baustelle, mit denen Rainer absolut per du ist und das nicht zu unrecht, denn wo angepackt werden muss, ist er stets mit viel Engagement und freundschaft dabei.
Den Job als Bauleiter braucht er auch dringend, denn er ist mit seiner nun größer werdenden Familie gerade umgezogen und auch hier muss am Haus noch einiges getan werden. Seine Frau Anna Blomeier (Nadine Matschek) ist Schwanger und seine 13 Jährige Tochter Doreen (Dora Zygoouri) zeigt sich nicht so ganz glücklich mit der neuen Umgebung, wenngleich sie sich auch stets Hilfsbereit und verständnisvoll zeigt.
Doch das Blatt wendet sich abrupt für die Familie, als Kleeman mit einem neuen Bauleiter auf der Baustelle auftaucht und dieser signalisiert bereits in den ersten Minuten, das er das genaue Gegenteil von Rainer sein wird. Da Rainer Herrn Kleeman gut kennt, sucht er natürlich sogleich das Gespräch mit ihm, schließlich wurde ihm der Job als Bauleiter zugesagt und diese Position ist auch wichtig für die finanzielle Situation der Familie. Kleemann bittet jedoch nur um Verständnis, verweist auf den hohen Druck den er durch die Investoren hat und verspricht, das beim nächsten Bauprojekt und einem Zuschlag der Investoren er sofort den Bauleiterjob bekommen wird, doch dieses mal soll noch einmal ein erfahrener Profi ans Werk. Rainer vertraut dieser Aussage, auch wenn es innerlich sichtbar in ihm zu brodeln beginnt. Über diese Neuigkeiten ist natürlich auch Anna nicht sehr erfreut, gerade jetzt nach dem Umzug und wo sie das Baby erwarten und auch Doreen bekommt die hier langsam anwachsenden Sorgen mit. Rainer zieht verschiedene Optionen in Erwägung, darunter auch der Wechsel zu einer anderen Baufirma mit hoher Zuversicht, dass es ein einfaches Spiel wird mit seinen Erfahrungen. Doch sein erstes Bewerbungsgespräch scheitert mit den einfachen Worten, dass es ihm ja an Erfahrungen als Bauleiter fehle, doch wie soll er diese Sammeln, wenn er nirgends die Chance dazu bekommt?
Parallel zu diesen Ereignissen exploriert Doreen missmutig ihre neue Heimat, wenngleich ihr Vater ihr viel Zuversicht zugesprochen hat. Gegenüber ihrem Vater besitzt Doreen großes Vertrauen und eine sehr enge Bindung, so das seine Worte ihr immer viel bedeuten.
In der Nachbarschaft entdeckt sie dann Mara, die gerade im Garten eine Tanzkoreografie durchführt, der sie heimlich beiwohnt. Mit Mara kommt sie dann auch schnell in persönlichen Kontakt. Die beiden teilen auch das Interesse beim Tanzen und dieser Anblick macht ihren Vater natürlich glücklich, denn seine Tochter scheint eine neue Freundschaft gefunden zu haben. Als die beiden gemeinsam durch die Gegend ziehen, taucht jedoch ein Mädchentrio auf, die Mara im Visier haben, aber Doreen setzt sich für ihre neue Freundin ein und so ziehen die drei wieder von dannen. Auf Nachfrage wer die drei waren, blockt Mara jedoch. Später im Film begegnen sich die Mädchen auf einem Reiterhof erneut, dieses mal rammen sie beim Vorbeigehen Mara auf den Boden. Mara ist darüber natürlich extrem sauer und als sie die unbeaufsichtigten Fahrräder der Mädels sieht, bringt sie Doreen dazu eines der Räder zu manipulieren. Doreen zögert und fühlt sich nicht wohl, denn sowas liegt eigentlich nicht in ihrer Natur, doch am Ende tut sie es der Freundschaft willen. Gemeinsam schauen die beiden dann zu, wie eines der Mädels kurz nach Abfahrt schwer stürzt, ein Anblick der Doreen alles andere als Glücklich macht, doch gegenüber ihren Eltern schweigt sie. Sie ist sich sehr bewusst das hier gerade ganz andere Probleme vorherrschen und sie fühlt sich offensichtlich stark genug, eine eigene Lösung für das erlebte zu finden. Doch bevor sie sich von diesem Eindrücken erholen kann, befindet sie sich bereits wieder in einer unerwarteten Situation mit Mara. In einer Tankstelle fordert Mara dazu auf, etwas zu stehlen. Noch während Doreen ihre Zweifel ausspricht, bemerkt der Tankwart was da gerade abläuft und beide flüchten haarscharf mit ihren Rädern. Dieses unerwartete Erlebnis war für Doreen eine klare Grenzüberschreitung und somit bricht sie die Freundschaft vorerst. Als Doreen dann versucht mit ihrer alten Freundin Frida wieder Kontakt auf zu nehmen und dabei kläglich abblitzt, kehrt sie jedoch wieder zu Mara zurück und die beiden lassen sich bei einem See nieder nach einer Versöhnung. Doch der Schein trügt, denn Mara drückt Doreen auf einmal mehrfach unters Wasser und droht ihr, dass sie niemanden von dem Vorfall bei der Tankstelle erzählen soll, dann verschwindet Mara und lässt Doreen alleine zurück, die komplett unter Schock steht.
Die allgemeine Situation in der Familie hat sich im Verlauf weiter verschärft und auf der Baustelle spitzt sich die Lage bis ins extreme zu, bis die Situation völlig eskaliert und aus dem Ruder läuft. Auch Doreen muss sich am Ende noch einmal mit Mara auseinandersetzen.
Fazit:
Die Saat ist eigentlich eine Verpackung für zwei Filme. Die eine Geschichte dreht sich um die beiden Eltern die unerwartet mit den Sorgen Ihrer Zukunft konfrontiert werden und die Welt der jungen Doreen die gerade nicht nur das schwere Leben eines Teenagers durchlebt, sondern auch ihre Wurzeln durch den Umzug aufgeben musste. Die Situation mit Mara macht das ganze nicht einfacher und dennoch bleibt sie bis zum Ende des Films Bodenständiger als man es erwarten würde. Hinsichtlich Doreen ist es jedenfalls kein Film der mal wieder den Finger auf das Hardcoreleben eines Teenagers zeigt, im Gegenteil. Das tut auch mal ganz gut. Bei Rainer musste ich gelegentlich mal auch parallelen zu mir selbst ziehen. Er ist ein absoluter Gutmensch und glaubt immer nur an einen guten Ausgang ohne großen Kampf, doch genau mit diesem wird er mit steigendem Druck auseinandergesetzt. Der Titel des Films ist auch perfekt gewählt. Mit jeder Sequenz wird noch mehr Konflikt gesät und jeder Charakter geht zum Teil seine ganz eigenen Wege. Und auch selbst dürfte man sich dabei ertappen, wie bei manchen Auseinandersetzungen die Wut innerlich aufschäumt über die Ungerechtigkeit, die man als Zuschauer miterlebt. Als ein herausragendes Werk deutscher Filmkunst möchte ich „Die Saat“ jedoch nicht betiteln, denn dafür ist er irgendwie zu vorhersehbar, da sich die Schraube der Konflikte immer tiefer dreht. Lediglich das Ende zwischen Mara und Doreen ist sticht hier als etwas unerwartet hervor.
Darsteller:
Hanno Koffler (Rainer Matschek)
Dora Zygouri (Doreen Matschek)
Anna Blomeier (Nadine Matschek)
Andreas Döhler (Kleemann)
Lilith Julie Johna (Mara)
Robert Stadlober (Klose)
Regie:
Mia Maariel Meyer
Infos zum Film:
https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202107213
Trailer: