Über den Film:
Jake (Theo Stevenson), Kyle (Liam Whiting) Jarred (Byron Lyons) und Shrek (Thomas Turgoose) sind vier Freunde, die mit ihrem jugendlichen Leben ziemlich auf sich allein gestellt sind. Viel hat ihr Alltag in der heruntergekommenen Plattenbausiedlung nicht zu bieten, so das man sich über jede noch so kleine Abwechslung freuen kann. Meist hängen sie in einem Billardsalon ab der Shrek gehört, aber auch Drogen, Rauchen, Raufereien und Pornos stehen für die Jungs hoch im Kurs. Kein Wunder, denn mit jedem Computer, Handy oder Tablet kann man sich jederzeit das wildeste Material beschaffen und sich daran ergötzen. Lediglich Jake zeigt sich hier etwas zurückhaltender, was aber niemanden groß auffällt. Seine Tarnung scheint perfekt, schließlich wird auch er sonst von seinen Freunden als Draufgänger gesehen. Aber Jack ist anders… Gerne sucht er in einem höher gelegenen Stockwerk des Plattenbaus, in dem er lebt, ein großes Fenster auf, von wo er das Geschehen diverser Wohnungen überblicken kann. Gelegentlich hilft er auch mit Babysitting aus, um sich etwas Geld zu verdienen.
Als er eines Tages wieder seinen Platz zum beobachten eingenommen hat, entgeht es ihm nicht wie zwei neue Gesichter, eine Frau mit ihrer Tochter, über das Gelände laufen. Er ist dabei so vertieft, dass er seine zwei Kumpels nicht bemerkt. Über seinen Voyeurismus machen sich Kyle und Jarred natürlich prompt lustig, verraten ihm aber das die Frau neu in die Gegend gezogen ist und das sie Zara (Rosie Day) heißt. Sie versuchen Jake schmackhaft zu machen, sich mit Zara zu verabreden. Als Kontaktvorwand könne er ja anbieten, die Tochter zu Babysitten. Das sie damit jedoch einen ziemlich speziellen Wunsch von Jakes Gedanken ablesen, erahnen die beiden Freunde nicht.
Wir erleben Jake, wie er sich recht hingebungsvoll um die kleine Lilly (Honor Kneafsey) kümmert. Es wird aber immer deutlicher, welche Empfindungen Jake besitzt und warum er sich bei bestimmten Themen den anderen gegenüber so isolierend verhält. Seine Gefühlswelt gehört nicht in die Welt der Erwachsenen, er lebt in einer Welt die ein Tabuthema ist, nämlich die Zuneigung zu Kindern.
Erneut begibt sich Jake an das große Fenster, doch dieses mal beobachtet er nicht irgend jemanden, er sucht die Wohnung von jener Tochter der neu hinzugezogenen Zara und er hat dabei auch Erfolg.
Jake legt nun alles daran, das Mädchen zu treffen und der einfachste Weg scheint ein Kontakt zur Mutter des Kindes. Beim ersten Versuch spricht er sie direkt auf der Straße an und möchte sich mit ihr verabreden, blitzt jedoch bei Zara ab. Doch der Rückschlag hält ihn nicht einfach auf, sondern er begibt sich auch hier in eine beobachtende Position und sieht Zara eines Abends dabei, wie sie von einem fremden Mann etwas entgegen nimmt und kurz darauf in einem alten leerstehenden Haus verschwinden, wo er sie schließlich beim Sex sieht.
Als er dann wieder bei seinem Sitting-Kind Lilly verweilt, erzählt sie ihm von einem neuen Mädchen das bei ihr übernachten wird, eine Christina (Sadie Thwaites). Nun kennt Jake auch den Namen des bisher fremden Mädchens. Während eines Versteckspiels mit Lilly und auf der Suche nach ihr, bleibt er an einer Tür stehen die zum Kellergewölbe des Hauses führt und welche nur mit einem einfachen Schieberiegel versehen ist. Als er die Tür wieder zumacht, lässt er heimlich den Riegel soweit offen, so das man vom Keller aus jederzeit in die Wohnung kommen kann.
Fazit:
Mit dem jungen Protagonisten wagt der Regisseur einen ungewohnten Schritt, denn die Vorstellungen über Menschen die sich in Kinder verlieben, sind in der Regel wohl sehr Klischeebehaftet. Doch in diesem Film treffen wir nicht auf einen einsamen alten Herren mit Hornbrille der Süßigkeiten verteilt, sondern auf einen Jugendlichen der sich in seiner Clique behaupten, jedoch seine wahre Gefühlswelt komplett verbergen muss.
Wenn sich im Verlauf des Films der „Aha-Effekt“ breit gemacht hat über Jakes Vorliebe für Mädchen, findet man sich wohl in einer sehr zwiespältigen Gefühlswelt wieder. Wir haben gesehen wie normal und besonnen er erscheint, doch wir kennen auf einmal seine wahren Empfindungen und somit was er verbirgt und mit welchem Konflikt er leben muss. Was also macht ein Mensch wie Jake, wenn er mit so einem Empfinden alleine ist?
Butterfly Kisses erhebt nicht den Zeigefinger und verurteilt auch nicht. Der Film überlässt es auf brutal ehrliche weise dem Zuschauer, wie er mit diesem Thema umgehen soll und das scheint auch zu wirken. Die Diskussionen nach der Preisverleihung im Publikum erschienen mir umfangreich und auch am nächsten Tag hörte man noch ein paar Stimmen zu dem diesjährigen Preisträgerfilm der Jugendjury im Haus der Kulturen.
Die Entscheidung der Jury ist im übrigen wie folgt begründet:
Getrieben vom Rhythmus kraftvoller Bild- und Musikkompositionen nährt dieser Film in uns einen beängstigenden Verdacht. Ohne simple Schuldzuweisungen vorzunehmen, konfrontiert er uns mit einem brisanten Thema, zu dem unsere Gesellschaft noch keinen Umgang gefunden hat. Die differenzierten Charakterisierungen ermöglichen, für die Situationen der Protagonisten tiefes Mitgefühl zu entwickeln. Von den ersten rauschhaften Bildern an macht es dieses aufwühlende Spielfilmdebüt unmöglich, seinem Bann zu entkommen und lässt in seiner Wirkung nicht nach.
Quelle: https://www.berlinale.de/de/das_festival/preise_und_juries/preise_generation/index.html
Darsteller:
Theo Stevenson (Jake)
Liam Whiting (Kyle)
Byron Lyons (Jarred)
Rosie Day (Zara)
Thomas Turgoose (Shrek)
Honor Kneafsey (Lilly)
Sadie Thwaites (Christina)
Charlotte Beaumont (Amy)
Elliot Cowan (Jakes Vater)
Leigh Gill (Brick)
Regie:
Rafael Kapelinski
Infos zum Film inkl. kurzen Filmausschnitt:
http://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=201712344#tab=video25
Bilder aus der Preisverleihung der Generation 14plus HKW:
Filmtrailer:
https://www.youtube.com/watch?v=pMEcWVqIzZA