Der Film „Favoriten“ von Ruth Beckermann ist ein Dokumentarfilm der Schulkinder einer österreichischen Volksschule über drei Jahre begleitet. Im Fokus steht eine 2. Klasse mit 25 Kindern und einer sehr engagierten Lehrerin. Fast alle Kinder der Klasse sprechen kaum deutsch, besitzen einen Migrationshintergrund. Wie auch in Deutschland herrscht auch hier ein akuter Mangel an Fachkräften und so ist es vor allem die Lehrerin (Ilkay Idiskut), die für den Zusammenhalt der Klasse sorgt. Dabei zeigt sie viel Feingefühl, aber auch eine gewisse Strenge mit den Kindern.
Auf die verschiedenen Themen der Kinder versucht sie stets auf Augenhöhe einzugehen und regt gerne zu Diskussionsrunden ein, wo die Kinder ihre ganz persönlichen Sichtweisen schildern können. Bei Konflikten setzt sie klare Grenzen und zeigt den oftmals durch die Meinung der Eltern geprägten Kinder auf, das es auch andere Sichtweisen geben kann bzw. man seine Meinung vielleicht auch mal überdenken sollte. So wurde zum Beispiel darüber gesprochen, ob Mädchen im Schwimmbad bauchfrei, also mit einem Bikini, schwimmen gehen dürfen. Ein Junge war absolut davon überzeugt, das dies nicht richtig ist.
Seitens der Kinder erleben wir auch verschiedene Situationen wie diese miteinander agieren; Hilfsbereit, ausgrenzend, im Konflikt, in Trauer, mit Lebensfreude. Das Leben der kleinen ist nicht minder kompliziert als das von uns Erwachsenen. Mit den steigenden Klassenstufen wird auch die Welt der Kinder etwas ernster. Klassenarbeiten werden geschrieben und benotet und für einen Moment zerplatzen die verträumten Welten der Kinder. Eine 5 in deutsch löst bei einem Kind Tränen aus, sicherlich auch aus Angst vor den Reaktionen der Eltern die zum Teil große Erwartungen an ihre Kinder haben.
Und letztlich hat dann auch eine Lehrerin am Ende noch ein privates Leben und so muss sie sich etwa ein halbes Jahr vor Abschluss der 4. Klasse und den damit verbunden Übergang zu einer weiterführenden Schule wegen Schwangerschaftsschutz von den Kindern vorzeitig verabschieden. Ein Abschied der dann auch nochmal sehr emotional wird.
Fazit
Favoriten ist ein interessanter Einblick in der Alltag einer Schule. Sicherlich kann man auch einige Parallelen zu uns nach Deutschland finden. Allerdings hatte ich nicht den Eindruck das es hier darum geht mit erhobenen Zeigefinger auf das Problem zu zeigen, sondern das es Menschen gibt die für die Kinder da sind und das mit sehr viel Herzblut. Sie halten das Rad weiter am laufen und die Kinder danken es ihnen.
Darsteller:
Ilkay Idiskut
Regie:
Ruth Beckermann
Infos zum Film:
https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202407612.html
Marcus
22. Februar 2024 @ 7:48
Immer wieder schön, Deine Berlinale-Beiträge zu lesen.- Es ist nur sehr schade, dass ich nahezu nie Erfolg habe, die Filme außerhalb der Berlinale zu finden und komme so nicht in den Genuss, diese auch anzusehen. So richtig verstehe ich das nicht, warum man scheinbar Filme nur für die Berlinale produziert und es diese dann nirgends zu erwerben sind. Es gäbe doch sicher einige, die bereit wären, dafür zu bezahlen.
Das neue Design hier gefällt mir sehr gut! Was anderes, als dass es gut wird, hätte ich von Dir jetzt auch nicht erwartet ;). Nur der Kontrast könnte an einigen Stellen besser sein. Die dunkelblauen Links (wie z.B. oben unter „Infos zum Film“) und hier der Text im Kommentarfeld z.B. könnten etwas mehr Kontrast vertragen.
Robin
22. Februar 2024 @ 8:38
Danke dir für dein Feedback. Dieser Film ist natürlich dein Thema :)
Solche Filme werden aber nicht extra für die Berlinale gemacht, eher ist es eine Plattform die den Filmenachern aus der ganzen Welt eine Chance gibt das ihr Film auf der großen Leinwand zu sehen ist und das viele Menschen ihn sehen und wenn sie Glück haben, findet der Film dann auch einen Vertrieb für Kino oder Releases in Deutschland in digitaler oder haptischer Form.
Dazu findet mitunter ja parallel zur Berlinale der European Film Market statt. Es ist eine „Fachmesse“ für Filmtreibende.
Und ich denke ohne die Berlinale würden solche Filme noch weniger bis garkeine Beachtung bekommen. Wird ein Film dann auch noch ausgezeichnet in den verschiedenen Sektionen, erhöht es die Warscheinlichkeit das er auch hier erscheint.
Es lohnt oftmals so nach 1-2 Jahren mal zu recherchieren, ob der gewünschte Film nicht doch noch seine Plattform gefunden hat. Ich versuche diese Informationen in der Regel auch bei den alten Beiträgen zu markieren an oberster Stelle wie eben Kinoreleases oder Kaufoptionen.
Aber auch im Fernsehen laufen manche Filme mit der Zeit. Häufig batprlich der Fall wenn der Film mit Geldern des öffentlich rechtlichen Fernsehen mitfinanziert wurden. Arte ist da gern mal mit an Bord und sie haben zur Berlinale auch oft Sondersendungen oder Zusammenstellungen an Filmen. Ebenfalls als Anlaufstelle geeignet ist der Streamingdienst der Büchereien welchen man unter https://filmfriend.de finden kann oder als App. Bei Filmfriend findet man das immer zur Berlinale unter dem Punkt „Kollektionen“. Aktuell findet man da z.B. Systemsprenger, Supa Modo, Eine Kolonie, Die Blindgänger etc. Für Filmfriend muss man eine Ausleihkarte der Bücherei haben. Damit erhält man auch einen Onlinezugang mit dem man sich bei filmfriend mit anmelden kann. Kosten fallen hier keine weiteren an.
Zu guter letzt ist die Berlinale ja ein wiederkehrendes Ereignis immer zum Februar. Ein Urlaub auf der Berlinale ist auch was besonderes, anders würde ich sonst auch all die Filme nicht schaffen. Man muss auch nicht die ganze Berlinale bleiben, da die Filme in der Regel 3-4 mal wiederholt werden.
Hinsichtlich deiner Kritik zur neuen Seite, werde ich mir die Punkte nochmal ansehen. Insbesondere die Lesbarkeit soll ja gewährleistet sein.
Marcus
23. Februar 2024 @ 18:45
Danke für Deine Tipps. filmfriend.de scheint tatsächlich eine gute Quelle – das kannte ich bisher noch nicht. Mit den 1-2 Jahre später nachsehen hast Du sicherlich Recht, nur habe ich das dann in der Regel nicht mehr „auf dem Schirm“. Am liebsten würde ich die Filme gleich nach dem Lesen hier erwerben und sehen wollen. Die Alternative wäre, das auf eine Todo-Liste zu packen, aber davon habe ich schon zu viele .. .
Den Film Systemsprenger hatte ich über Amazon gefunden (oder anders: wurde mir von Amazon vorgeschlagen …). Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, dass Du auch hier darüber geschrieben hast. Das muss ja einige Jahre vorher gewesen sein. Schön, dass ich wenigstens diesen Film „genießen“ konnte, wenngleich der für mich schwere Kost war. Nicht deshalb, weil der Film etwa schlecht ist, sondern weil ich sowohl mit dem Mädchen als auch mit der pädagogischen Fachkraft sehr mitgelitten habe. Leider entspricht der Film auch tatsächlich weitestgehend dem, was ich in meiner (kurzen) Praxis in Einrichtungen mit als schwierig wahrgenommenen Kindern auch selbst erleben dürfte. „Schwere Kost“ deshalb, weil ich erleben dürfte, wie man sich im Umgang mit einem Kind in einer solchen Situation quasi machtlos fühlt und gerne soviel mehr für diesen kleinen Menschen tun möchte, aber nicht wirklich mehr tun kann. Dieser Film gibt das eindrucksvoll wieder.